Praktikum bei Thalamus s.c. in Santiago de Compostela
Vorbereitung
Auf die Receiving Organisation bin ich durch gezielte Internetrecherche gestoßen. Persönlich war es mein Ziel das Praktikum zu nutzen, um mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Ich wollte Erfahrungen sammeln, die mir als angehende Psycholog*in helfenwürden Emotionen zuordnen und somit meine innere Gefühlswelt besser verstehen zu können. Diese Emotionskontrolle dient der eigenen Persönlichkeitsentfaltung und Bedürfnisbefriedigung einer Psycholog*in.
Die Internetseite von Thalamus hat mich auf Anhieb begeistert: Inhalte aus dem Studium, wie beispielsweise Emotionale Intelligenz – was auch an die oben erwähnte Emotionskontrolle anknüpft – sowie positive Psychologie, sind Teil der Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen von Thalamus s.c. Bereits während des telefonischen Vorstellungsgesprächs entwickelte sich ein höchstspannender Austausch über Psychotherapie mit Kindern und das Gespräch gab mir die Möglichkeit mich vorzustellen, meine Intentionen für das Praktikum zu erläutern und meine allgemeine Sichtweise auf die Rolle der Psycholog*innen bei der kindlichen Entwicklung darzustellen. Zudem beschrieb mir meine zukünftige Betreuerin ihre Sichtweise und Arbeitseinstellung. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt, meine Ideen wurden positiv aufgenommen und die Entwicklung des Gespräches weckte Vertrauen in die Praktikumsstelle.
Kurze Zeit nach Ende des Gesprächs rief sie mich zurück und bestätigte mir den Praktikumsplatz. Insgesamt würde ich jedem*r raten: Überlegt euch welche Themeninhalte euch bereits im Studium interessiert haben und welche ihr gerne vertiefen wollt und mit praktischer Erfahrung durch eine andere Perspektive erweitern möchtet. Basierend auf diesen Wünschen kann die Recherche beginnen!
Gastunternehmen
Morgens um 10 Uhr begann mein Praktikum. Von 14 bis 15 Uhr gab es eine Mittagspause, die ich häufig mit meiner Betreuerin und den anderen beiden Mitarbeiter*innen verbrachte und anschließend arbeitete ich nochmals von 15 bis 19 Uhr. Der Fokus meiner Betreuerin lag bei der Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen und damit bei Sitzungen, die auf Spanisch als „reeducación“ bezeichnet werden. Diese Sitzungen werden für Schulkinder angeboten, die Legasthenie, ADHS, Autismus oder andere Lernschwierigkeiten aufwiesen und werden dazu genutzt um ihre, unter anderem, Aufmerksamkeit, soziale Kompetenzen, Lese- und Schreibkompetenz und exekutive Verarbeitungsfunktionen zu stärken und somit den Schulalltag und die Schulleistung für sie zu verbessern. An den meisten Sitzungen durfte ich teilnehmen. Lediglich in Einzelfällen, bei größeren Familiensitzungen oder wenn die Patienten*innen angaben, dass Ihnen meine Teilnahme nicht recht ist, nahm ich nicht Teil.
Zu Beginn des Praktikums nahm sich meine Betreuerin Zeit mit mir die einzelnen Klient*innen durchzugehen. Sie zeigte und erklärte mir die Evaluationen von Testergebnissen, die Einführungsinterviews mit den Eltern, die Fragebögen, die von einer Lehrer*in ausgefüllt werden müssen und führte mich in den bisherigen Therapieverlauf ein. Sie besprach mit mir die Vorbereitungen der jeweiligen Sitzungen und fragte auch nach meiner Einschätzung. In die Sitzungen wurde ich schrittweise integriert, sodass ich nicht nur zuhören, sondern auch Fragen stellen durfte und substanzieller Bestandteil der Sitzungen wurde. Weitere Aufgaben, die ich nach Erklärung übernahm, waren die Auswertung von Testergebnissen, die Durchführung des Wechsler Intelligenz Tests oder des d2 Aufmerksamkeitstest. Manchmal durfte ich die „reeducación“ Sitzungen im Vorfeld konzipieren. Da Spanisch meine Muttersprache ist, war die Kommunikation und Sprache kein Problem. Bei bestimmtem Fachvokabular musste ich anfänglich nach genauerer Erklärung bitten. Dem wurde stets freundlich begegnet und es bestand große Bereitschaft mir die Konzepte und Begriffe auf Spanisch zu erklären.
Fazit
Es hat mich besonders fasziniert zu sehen wie unterschiedlich Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen verläuft. Ich habe die Wichtigkeit bis hin zur Notwendigkeit des Spiels und der Einbeziehung der Vorstellungskraft von Kindern erkannt, die es ihnen ermöglicht auf Ihre Weise ihrer Innenwelt Ausdruck zu geben. Der Vielfalt, mit der Kinder ihre Emotionen erleben, ausdrücken und verstehen, sollte möglichst mit Offenheit und Flexibilität begegnet werden, um die Methoden individuell an das Kind und seine Persönlichkeit und Umgangsweisen anzupassen. Im Umgang mit Kindern und ihrer scheinbar unendlichen Vorstellungskraft merkte ich, dass mein eigenes inneres Kind aktiviert wurde und dies schließlich hilfreich für die Interaktion mit den Kindern war, da ich dem Kind auf seiner oder ihrer Augenhöhe begegnen konnte.
Meine Betreuerin verfolgte zudem einen systemischen Ansatz, sodass ich viel über Einflüsse der innerfamiliären Interaktionsweisen und ausgesprochenen und unausgesprochenen Erwartungen auf die einzelnen Personen eines Systems lernte. Mit den engsten Bezugspersonen der Kinder wurde stetig Kontakt gehalten. Von 10 Therapiesitzungen fanden zwei als Familiensitzungen statt.
Insgesamt war es interessant zu beobachten inwiefern kulturelle Unterschiede – obwohl Deutschland und Spanien beides Länder der Europäischen Union sind – teilweise zu einer anderen Umgangsweise mit den Klient*innen führten, da die angenommene Grundhaltung an die Therapie und die Rolle der Therapeut*in variiert.
Darüber hinaus ermöglichte mir meine Praktikumszeit durch die erlangten Erkenntnisse eine persönliche sowie fachliche Weiterentwicklung zu erfahren.