Erfahrungsberichte

Praktikum im Verband der Chemischen Industrie e.V. (Politikwissenschaften)

5 Monate
Belgien
2022
Politikwissenschaften

Zwischen März und Juli 2022 habe ich mein Praktikum im Europabüro Brüssel des Verbands
der Chemischen Industrie e.V. (VCI) absolviert. Der VCI vertritt die Interessen von über 1.900
deutschen Mitgliedsunternehmen der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie und hat mir
in meinem Praktikum ermöglicht, über ein sehr breites Themenfeld Einblick in die Arbeit von
Interessensverbänden und deren Zusammenspiel mit den europäischen Institutionen zu
bekommen.
Bereits von meinem ersten Tag in Brüssel an wurde ich hervorragend in das Team
aufgenommen und integriert und habe schnell gemerkt, dass ich mich dort wohlfühlen werde.
Ich habe von unserem Büroleiter einen groben Überblick über den VCI und die Aufgaben und
Arbeit des Brüsseler Büros erhalten und wurde dann schnell und konkret in die ersten
Aufgaben eingearbeitet. In den kommenden Tagen konnte ich dann in Terminen mit den
einzelnen Referenten mehr über deren spezifische Aufgaben und Themenfelder erfahren und
mir einen guten Überblick verschaffen.
Zu meinen regelmäßigen Aufgaben gehörte so etwa das Monitoring des Amtsblatts der
Europäischen Union, in dem alle Gesetzgebungsakte der EU veröffentlicht werden. Für uns
waren hier im speziellen chemie- und pharmabezogene Legislativakte von Interesse, die an
die jeweiligen Fachreferenten in Brüssel, aber v.a. auch an die Fachreferenten im VCIHauptsitz
in Frankfurt verteilt werden mussten.
Darüber hinaus musste ich regelmäßig die Tagesordnungen der relevanten Ausschüsse des
Europäischen Parlaments, insbesondere des Umwelt-, Wirtschafts-, Binnenmarkts- und
Rechtsausschusses, nach relevanten Punkten screenen, um zum einen die Referenten über
anstehende Diskussionen oder Abstimmungen zu informieren, und zum anderen
entsprechend deren Aufgabenstellung die Tagesordnungspunkte per Livestream, oder wenn
immer möglich, auch live im Ausschuss, zu protokolieren.
Thematisch tief wurde ich dann in der Arbeit mit den einzelnen Referenten zu deren
Fachbereich eingebunden. Als Verband für die Chemie- und Pharmaindustrie sind für den VCI
viele Themenfelder und Politikbereiche auf der Tagesordnung. Dies sind etwa Agrar- und
Landwirtschaftspolitik, Arzneimittelpolitik, der Kern des europäischen Chemikalienrechts, die
Verordnungen REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals)
und CLP (Classification, Labelling and Packaging) oder Nachhaltigkeits- und Umweltpolitik.
Besonders auf letztgenannten Punkten, in enger Kombination mit der europäischen und
deutschen Energiepolitik, lag hierbei mein Arbeitsschwerpunkt. Alles drei steht seit dem 24.
Februar und dem Beginn des russischen Angriffskriegs mit im Zentrum der europäischen
Politik und ist besonders für die deutsche Chemieindustrie von elementarer Bedeutung, ist sie
doch, wie Deutschland insgesamt, als Großverbraucher von russischen Erdgasimporten
abhängig.
So fand gleich in der ersten Woche meines Praktikums die eine Pressekonferenz des
Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und Kommissars für Klimaschutz, Frans
Timmermanns, statt, in der er den sog. REPowerEU-Plan vorstellte, mit dem die Kommission

die massive und kurzfristige Verringerung der Abhängigkeit von russischer Energie plante, und
über den ich sogleich berichten sollte. Mit einem Augenzwinkern kann ich also rückblickend
von einer Art Feuertaufe sprechen. Dieser REPowerEU-Plan sollte sich dann auch zusammen
mit den aktuellen und drohenden Folgen des Krieges in der Ukraine wie ein roter Faden durch
mein Praktikum ziehen.
Im Rahmen dieser Arbeit war ich teilweise stark in die Gremienarbeit (z.B. Arbeitsgruppen)
des VCI eingebunden, der als Verband seine Standpunkte über Ausschüsse definiert, in denen
Vertreter des Verbands und der Mitgliedsunternehmen aktuelle Legislativakte der
Europäischen Union betrachten und diskutieren. Den Referenten half ich hier etwa bei der
Vorbereitung oder Protokollierung der Sitzungen und konnte so viel über die Detailarbeit der
Interessensvertretung, Positionsfindung und Planung zukünftiger Advocacy-Maßnahmen
lernen.
Auch beim Vortragen dieser Standpunkte in den Politikbetrieb der Europäischen Union konnte
ich unterstützen, so zum Beispiel bei Treffen mit den Assistenten unterschiedlicher
Abgeordneter oder bei Veranstaltungen, die ich zu organisieren und durchzuführen half. So
veranstaltete der VCI etwa eine Podiumsdiskussion im Europäischen Parlament zur neuen
Lieferketten-Gesetzgebung („Corporate Sustainability Due Diligence“), bei der u.a. die
Abgeordneten Anna Cavazzini (Grüne/ Greens/EFA)) und Axel Voss (CDU/ EVP) sprachen, und
in deren Vorbereitung ich stark involviert war.
Im Rückblick auf die vergangenen fünf Monate kann ich nur von einem großartigen Praktikum
schwärmen, in dem ich überdurchschnittliche Einblicke erhalten habe und mir viel mehr als
das Versprochene beigebracht und ermöglicht wurde.
Ich habe tolle Kollegen kennengelernt, unzählige Veranstaltungen mit vielen interessanten
Leuten besuchen dürfen und mehr als die Arbeitseinblicke bekommen, die ich mir gewünscht
hatte. Insofern blicke ich absolut zufrieden auf mein Praktikum beim Verband der Chemischen
Industrie e.V.