Erfahrungsberichte

Praktikum bei Factor 3 Events, Barcelona

2 Monate
Spanien
2023
Kulturmanagement

Vorbereitung

Am Anfang meiner Suche nach einem Auslandspraktikum wusste ich nur, dass ich unbedingt ein Praktikum in Spanien machen wollte. Deshalb habe ich mich für das Erasmus Programm angemeldet, noch bevor ich überhaupt wusste, wo ich das Praktikum machen wollte. Allerdings hat es mir sehr geholfen mich auf eine Stadt festzulegen und dann meine Suche darauf zu konzentrieren. Die Auswahl der richtigen Stadt hat trotz Abwägen der Vor- und Nachteile am Ende mein Bauchgefühl getroffen und mich an den richtigen Ort gebracht: Barcelona.

Die Wohnungssuche in großen Städten ist generell herausfordernd, vor allem, wenn man ein begrenztes Budget hat. Da ich nicht erst vor Ort suchen wollte habe ich mich nach einiger Zeit der Suche für eine Agentur entschieden, die voll ausgestattete WG-Zimmer und Wohnungen vermietet. Viele Wohnungen in Spanien haben beispielsweise keine Heizung, was im Winter fatal ist. Im Juli und August ist der Lebensrhythmus in Spanien aufgrund der Temperaturen deutlich langsamer und manche Unternehmen schließen sogar komplett für einige Wochen. Die beste Zeit, um nach Barcelona zu kommen, ist daher eher im Frühling oder Herbst. Außerdem ist es wichtig, sich über die verschiedenen Stadtviertel schlau zu machen: Welche Viertel sind gefährlich? Wo ist es eher ruhig und wo lebhaft? Wie weit ist der Weg zum Stadtzentrum und zur Arbeit? Es gibt zahlreiche Artikel im Internet, die dabei helfen, das richtige Viertel zu finden. Man sollte beispielsweise El Raval und El Born eher meiden, da man dort nachts schnell mal ausgeraubt wird (Generell sollte man in Barcelona gut auf seine Wertsachen aufpassen und nicht unterschätzen, wie schnell etwas geklaut werden kann). Plattformen, die bei der Wohnungssuche helfen können, sind: Spotahome, WG gesucht, idealista, badi, Facebook Gruppen.

Gastunternehmen

Ich bin eine Woche vor Beginn meines Praktikums nach Barcelona gereist, um in Ruhe anzukommen und die Stadt schon mal etwas kennenzulernen. Im Nachhinein hätte es auch noch etwas früher sein können, denn sobald ich mit dem Praktikum anfing, hatte ich deutlich weniger Zeit für Erkundungstouren und Freizeitaktivitäten. Generell ist die Arbeitsmentalität in Spanien ähnlich wie in Deutschland. Was ich in meinem Unternehmen zu schätzen gelernt habe ist der Zusammenhalt und die gute Stimmung untereinander. Man verbringt die Mittagspause zusammen und redet über Gott und die Welt, geht zusammen essen und überrascht Kolleg*innen an ihrem Geburtstag mit einem gemeinsam ausgesuchten Geschenk. Da mir diese Dinge wichtig sind, hat das Unternehmen also zu mir gepasst. Wenn man schon beim Bewerbungsgespräch das Gefühl hat, das Unternehmen passt nicht zu einem, dann sollte man sich lieber ein anderes suchen. Es gibt viele Praktikant*innenstellen und da man vor allem wegen der Erfahrung dort ist, viel Zeit in dem Unternehmen verbringen wird und ohnehin kaum bezahlt wird sollte man auch in einer Umgebung sein, in der man bestmöglich lernen kann. Einiges davon wäre mir sicherlich entgangen, wenn ich nicht schon sehr gut Spanisch sprechen würde, denn Spanier sprechen Spanisch. Und zwar fast immer. Meine Kolleg*innen können zum Großteil auch Englisch sprechen, aber am liebsten sprechen sie in ihrer Sprache. Viele Spanier*innen sprechen übrigens kaum Englisch. Und hier in Cataluña gibt es vor allem außerhalb der größeren Städte viele Leute, die nicht mal das „normale“ Spanisch (Castellano) sprechen, sondern nur Katalanisch (Català) und ein bisschen Englisch. In Barcelona allerdings ist man mit Spanisch und Englisch gut beraten. Da ich das vorher schon wusste habe ich erst Spanisch gelernt und dann das Praktikum gemacht. Und das kann ich nur empfehlen, denn es gibt sehr viele kulturelle Besonderheiten, zu denen man nur Zugang hat, wenn man die Sprache spricht. Deshalb, je besser man diese Sprachen beherrscht, desto leichter hat man es. Ich kann zumindest für den Eventbereich ein hohes Spanischniveau nur empfehlen, denn dort wird überwiegend auf Spanisch gearbeitet und vor allem für die interessanten Aufgaben in der Agentur war es unverzichtbar. Das viele Wechseln zwischen den Sprachen ist übrigens anstrengender, als man meint

und es dauert etwas, sich daran zu gewöhnen. Meine Aufgaben waren am Anfang eher simpel. Doch je mehr ich gelernt habe, desto mehr konnte ich auch machen. Vor allem im September, als die ruhigere Sommerzeit vorbei war und die Eventbranche Hochsaison hatte, war sehr viel los und ich wurde genauso eingespannt wie alle anderen. Bezüglich der Vergütung sah es für Praktikumsverhältnisse nicht schlecht aus, aber wenn ich bedenke, dass ich Vollzeit gearbeitet habe, ist es natürlich eher wenig. Das Unternehmen hat mir 400 € pro Monat bezahlt und dazu kam die Erasmus Förderung von 540 € pro Monat. Ohne die Erasmus Förderung hätte ich es mir nicht leisten können dieses Praktikum zu machen, zumal bei 40 Stunden Arbeit pro Woche + eine Stunde Mittagspause im Büro keine Zeit für einen Nebenjob geblieben wäre. Generell war der Umzug in diese große Stadt voller neuer Eindrücke und das Arbeiten in einer Fremdsprache sehr anstrengend und im Nachhinein wären ein paar Stunden Arbeitszeit weniger pro Woche nicht schlecht gewesen, um sich an alles zu gewöhnen und genug Ruhezeit zu haben. Denn ich habe viel Zeit zum Ausruhen gebraucht, um all das zu verarbeiten, wodurch ich noch weniger Gelegenheit hatte, die Stadt besser kennenzulernen. Auch das Reden in einer Fremdsprache den ganzen Tag ist sehr anstrengend und erschöpfend. Da auch der Rhythmus von Vollzeitarbeiten für mich eine Umstellung war, war es manchmal alles etwas viel. Im Vergleich zu einem Erasmussemester an der Uni ist ein Erasmus Praktikum ganz anders. Es gibt keine Willkommensaktivitäten und Semester opening parties, was es viel schwieriger macht, neue Freunde zu finden. Man arbeitet mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe von Kolleg*innen verschiedenen Alters zusammen, anstatt in einer Vorlesung Gruppenarbeiten mit Kommiliton*innen zu machen und so gleich Anschluss zu finden. Ich hatte immerhin meine Mitbewohnerinnen und kann Bumble friends und meet up empfehlen, um neue Leute kennenzulernen, aber dadurch, dass man sich die Leute erst suchen muss, anstatt sie in der Uni zu sehen dauert es länger und geht meist nur am Wochenende. Je nach Stundenplan und Prüfungspensum kann man im Studium natürlich auch wenig Zeit haben, aber in meiner Erfahrung konnte ich mir die Zeit freier einteilen und zumindest die ersten Wochen war viel Zeit zum Bekanntschaften knüpfen. Allerdings ist man im Praktikum weniger in der Erasmus Bubble, sondern lebt das Leben vor Ort in dem Land und bekommt damit einen authentischeren Einblick. Ich habe dadurch auch mehr Einheimische kennengelernt, die mir haufenweise Tipps für Restaurants und schöne Orte in der Umgebung gegeben haben.

Fazit

Was ich daraus gelernt habe? Eine Meeeeeenge. Allen voran, dass ein Erasmus Praktikum unglaublich bereichernd sein – aber nur, wenn es das richtige Praktikum, in der richtigen Stadt zur richtigen Zeit ist. Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht, wie und wann ich das Praktikum machen will, und das hat sich ausgezahlt. Auch wenn es sehr anstrengend war, habe ich viel Neues dazugelernt und Erfahrungen gemacht, die ich nicht missen will. Aber es war auch nicht immer einfach. Teilweise habe ich mich einsam gefühlt, weil ich anfangs nur oberflächliche Bekanntschaften hatte und es gedauert hat, bis sich tiefergehende Freundschaften aufgebaut haben. Dafür habe ich eine Stadt und Kultur gefunden, die zu mir passen und in der ich mich von Anfang an am richtigen Platz gefühlt habe. Durch das Erasmusprogramm hatte ich die Möglichkeit, den Einstieg in einem spanischen Unternehmen zu finden und in der Arbeitswelt anzukommen, bevor ich einen richtigen Job in Barcelona angefangen habe, denn mein Unternehmen hat mir am Ende meines Praktikums angeboten, mich zu übernehmen. Da sie mich schon kannten, ich mich gut in das Team integriert hatte und schon eingearbeitet war habe ich diese Chance trotz fehlender Erfahrung bekommen. Anfangs hatte ich das keineswegs geplant, aber hätte ich das Praktikum nicht gemacht hätte sich mir diese Tür sicherlich nicht so leicht geöffnet. Und auch wenn es mir nicht gefallen hätte, wäre es wichtig gewesen es auszuprobieren und ich hätte trotzdem viel aus dieser Erfahrung gelernt. Letztendlich ist jede Auslandserfahrung einzigartig und jeder nimmt etwas Anderes daraus mit. Mich hat diese Erfahrung persönlich enorm weitergebracht, denn ich musste über mich hinauswachsen, habe meine Komfortzone verlassen und mich selbst besser kennengelernt. Auch wenn es manchmal hart war würde ich mich jederzeit wieder dafür entscheiden.